Katschhof-Grabung: So entwickelte sich Aachen über die Römerstadt hin zur Pfalz und Mittelalterstadt
  • Schon im vergangenen Jahr gab es aufsehenerregende Funde auf dem Katschhof. Nun können Experten ein noch besseres Bild der Stadtgeschichte zeichnen.
  • Während einer zweiten Grabungsphase wurden weitere Gebäudereste aus der Merowinger- und aus der Römerzeit entdeckt.
  • Anhand der neuesten Funde rücken insbesondere die historischen Entwicklungen der Plätze am Katschhof und Markt in den Fokus.

Im Rahmen von archäologischen Untersuchungen auf dem Katschhof sind bereits Ende vergangenen Jahres spannende Funde gemacht und öffentlich präsentiert worden. Nach einer Unterbrechung aufgrund des Weihnachtsmarktes und der Karnevalszeit konnten die Grabungen in den vergangenen Wochen wieder aufgenommen werden. Kurz vor dem Abschluss stellte Stadtarchäologe Andreas Schaub im Rahmen eines Pressetermins am Mittwoch (10. April) weitere interessante Erkenntnisse vor.

 

 

Mauerfundament aus dem 3. Jahrhundert

 

„Für den zweiten Abschnitt der Grabung war die Spannung groß, ob und in welcher Form sich Siedlungsspuren der vorkarolingischen Merowingerzeit nachweisen lassen und wie es sich mit dem Übergang und Anschluss an die römische Epoche genau verhalten würde“, erläuterte Schaub die Erwartungshaltung. Tatsächlich fanden die Geschichtsexperten um Schaub und den ehrenamtlichen Arbeitskreis Archäologie Aachen (AAA) Reste eines vor- oder frühkarolingischen Gebäudes und eine Weg- oder Hofschotterung des 6. Jahrhunderts. Diese stammt also aus der Merowingerzeit. Das Gebäude, dessen Entstehungszeit im 8. Jahrhundert liegen dürfte, war noch exakt nach den römischen Baufluchten ausgerichtet. Auf der Sohle des Eingriffs fand sich schließlich sogar ein römerzeitliches Mauerfundament des 3. Jahrhunderts, welches mindestens bis zum 6. Jahrhundert bestand.

 

„Insgesamt erbrachte die Grabung überraschende Neuerkenntnisse für das frühe Mittelalter. Von besonderer Bedeutung ist vor allem die nun erstmals auf gesicherter archäologischer Grundlage mögliche Rekonstruktion der städtebaulichen Entwicklung von der Römerstadt über die Pfalz bis hin zur mittelalterlichen Stadt mit seinen Platzanlagen am Katschhof und Markt“, zog Andreas Schaub eine positive Bilanz.

 

Im ersten Abschnitt wurden vor allem die mittelalterlichen Platz-Schichten des Katschhofs sowie ein bis dato unbekanntes Gebäude der karolingischen Pfalz untersucht. Prunkstück der ersten Grabungsphase im Herbst 2023 war ein Silberdenar Karls des Großen. Dieser war überhaupt erst die siebte Münze der gesamten Karolingerzeit aus dem Aachener Stadtgebiet.

 

 

Die Grabung auf dem Katschhof hat somit zahlreiche neue Erkenntnisse gebracht, die für die städtebauliche Entwicklung Aachens bedeutsam sind:

 

 

  • Die römische Vermessung und Parzellierung wurde im frühen Mittelalter bis zum Ausbau der Pfalz beibehalten. Mindestens bis zum 6. Jahrhundert wurde die römische Bausubstanz genutzt, danach wurde in alter Ausrichtung neu gebaut. Daraus ergibt sich für die Archäologie die Frage: Ist das der Beginn der Pfalz von Pippin?
  • Im späten 8. oder frühen 9. Jahrhundert wurde im Kerngebiet der Pfalz die Ausrichtung auf Nord-Süd bzw. Ost-West geändert. In der Osthälfte der Kernpfalz entstehen dabei drei reich ausgestattete Großbauten in leichter Abweichung der Bauflucht auf Nordnordost-Südsüdwest.
  • In der Zeit um 1100 wurden diese drei Gebäude ganz oder teilweise niedergelegt und es entsteht erst jetzt der Platz, den wir heute Katschhof nennen.
  • Zur gleichen Zeit wird auch das römische Castrum abgebrochen, welches den Markthügel umschlossen hatte – dort entsteht dann als zweite große Platzfläche der Markt.

Es muss nun in Fachkreisen neu darüber nachgedacht werden, wer für diese massiven städtebaulichen Veränderungen verantwortlich war: Noch der Kaiser, der seine Pfalz neu ordnet, oder sind es bereits erste Hinweise auf eine Übernahme des Pfalzbereichs durch die sich entwickelnde Stadt? So oder so ist klar: Für Archäologen und Geschichtsexperten bleibt Aachen ein spannendes Forschungsfeld.

 

 



Blick in die Zeitkapsel: Die Grabung auf dem Katschhof hat für Stadtarchäologe Andreas Schaub und sein Team viele neue Erkenntnisse gebracht. Fotos: Stefan Herrmann / Stadt Aachen
 



 

Weitere Infos

 

Nachdem ein 120 Jahre alter und kranker Baum gefällt werden musste, da die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet war, rückten 2023 die Archäologen auf dem Katschof – nahe des Durchgangs zur Krämerstraße – an. Mit der zweiten Grabungsphase in diesem Frühjahr enden die archäologischen Untersuchungen auf dem Katschhof, sodass ein neuer Baum an der Stelle gepflanzt werden kann und das grüne Katschhof-Ensemble wieder vervollständigt.